Die Abstammung des Hundes
Alle Hunde stammen vom Wolf ab. Das mag man auf den ersten Blick kaum glauben, denn die einzelnen Hunderassen weichen in Größe und Erscheinung derart stark voneinander ab, dass man ganz verschiedene Ursprünge vermuten könnte.
Dennoch ist, gemäß aller bisherigen Erkenntnisse, eine erfolgreiche Paarung aller Hunderassen untereinander und sogar mit Wölfen jederzeit möglich. Auch die daraus entstehenden Nachkommen sind voll zeugungsfähig. Das belegt, dass das genetische Grundkonzept aller Hunderassen noch immer auf einem einheitlichen Muster basiert.
In der Praxis mag es dem winzigen Yorkshire-Terrier-Rüden natürlich schwer fallen eine ausgewachsene Dänische Dogge zu befruchten. Er ist halt kein Akrobat. Mit einer künstlichen Befruchtung würden jedoch auch bei so einer Paarung gesunde Mischlinge zur Welt kommen. Im übrigen lassen sich, sofern die Größenunterschiede nicht derart massiv sind, die Beteiligten eine Menge einfallen, um einander in eine günstige Position zu bringen. Es gibt etliche Geschichten darüber, wie geschickt beispielsweise Dackel Treppenstufen auszunutzen wußten, um bei der Begattung hinderliche Höhendifferenzen auszugleichen.
Da Wolf und Mensch schon vor Jahrtausenden zusammen gefunden haben, konnten sich durch gezielte Zucht unzählige Phänotoypen herausbilden, die sich äußerlich zum Teil extrem voneinander entfernt haben. Da Hunde ursprünglich weit differenziertere Aufgaben hatten, als nur dem Menschen Gesellschaft zu leisten, wählte man für verschiedene Zwecke ganz unterschiedliche Eigenschaften. Ein einfaches Beispiel verdeutlicht das: Ein Fährtensucher braucht einen guten Geruchssinn und darf nicht zu lange Beine haben, um mit der Nase dicht am Boden zu sein. Kommt es hingegen auf Geschwindigkeit an, um eine Herde zusammenzutreiben, sind Hunde mit langen Beinen und gutem Sehvermögen klar im Vorteil.
Ein Schlittenhund braucht einen dicken Pelz und viel Kraft, ein Schoßhund sollte hingegen wenig wiegen und ein warmes Plätzchen zu schätzen wissen. Verschiedene Menschen haben also sehr individuelle Anforderungen an die Verwendbarkeit ihrer Hunde gestellt und somit bei der Zucht ganz unterschiedliche Eigenschaften in den Vordergrund gestellt.
Bestimmte zuchtbetonte Fähigkeiten und Ausprägungen kann man noch heute beobachten. So waren beispielsweise Dalmatiner dazu bestimmt, die Pferdekutschen ihrer Herren zu begleiten. Dazu mussten sie nicht nur schnell laufen können, sie mussten auch reaktionsschnell sein und selbst leichteste Richtungsänderungen der Räder rechtzeitig erfassen, um selbst niemals darunter zu geraten. Bei Regenwetter war das besonders wichtig, denn dann liefen die Dalmatiner unter der Kutsche, um nicht nass zu werden. Wer mit so einem Hund eine Fahrradtour unternimmt, profitiert noch heute davon: Im Nu hat ein Dalmatiner gelernt, wie man synchron nebenher läuft und würde niemals versehentlich in die Speichen geraten.
Interessant ist es, zu beobachten, wie eine natürliche Selektion auch ohne den Menschen wieder zu rasseähnlichen Merkmalen führen kann, wenn einst domestizierte Hunde sich in Freiheit, anfangs streunend, später in wild lebenden Rudeln zusammengeschlossen haben. So gibt es zum Beispiel auf Teneriffa wild lebende Hunde, deren Aussehen sich über mehrere Generationen so weit vereinheitlicht hat, dass diese regionale Ausprägung von Kennern wie eine Rasse sofort wiedererkannt wird.