Bloß keine Langeweile
Der größte Feind eines Hundes ist nicht etwa zu wenig Futter. Man könnte es meinen, angesichts des Heißhungers mit dem sich viele Vierbeiner auf ihren Napf stürzen. Manche erinnern schon eine Stunde vorher daran, dass es Zeit für ihre Mahlzeit wird. Verbreitet ist auch die Vermutung, ein Hund akzeptiere grundsätzlich automatisch den Menschen als seinen Herrn, der ihm sein Futter gebe.
Doch letztlich ist das Fressen nicht so wichtig wie man oft glaubt. Es gibt einen anderen Feind des Hundes, der viel schwerer wiegt: Langeweile. Ein Hund braucht Anregung und Beschäftigung. Für eine Weile kann er sich mit seinem Spielzeug selbst beschäftigen. Aber als Rudeltier ist er auch auf soziale Kontakte angewiesen, sowohl mit Menschen, als auch mit anderen Hunden. Wann immer es geht, sollte man seinen Hund mitnehmen. Er freut sich über jede Abwechslung. Und deshalb neigen Hunde dazu, sich den Menschen anzuschließen, die ihnen etwas Neues beibringen und viel mit ihnen unternehmen. Letztlich hat das für die Prägung meist mehr Gewicht als die Frage, wer das Futter gibt.
Gut ist es, wenn sich Hunde von vornherein daran gewöhnen, mit mehreren verschiedenen Menschen etwas zu unternehmen. So erleben sie mehr. In der Familie geschieht das ganz von selbst, der Hund kann sich dem zuwenden, bei dem es gerade etwas Interessantes zu entdecken gibt.
Hunden etwas beizubringen, ihnen eigene Aufgaben zu geben, ist nicht etwa eine Quälerei, sondern eine geistige Herausforderung die jeder Hund braucht, um mental gesund zu bleiben. Hunde sind von Natur aus neugierig. Je mehr es zu erkunden gibt, um so besser. Dass die Langeweile Überhand nimmt kann man erkennen, wenn ein Hund unnatürlich zwanghafte Verhaltensweisen annimmt. Ein gelegentliches Drehen um sich selbst, um Jagd auf den eigenen Schwanz zu machen ist völlig unbedenklich. Im Welpenalter ist es eine normale Reaktion darauf, vom Wurf getrennt und aller Geschwister plötzlich beraubt worden zu sein. Der Mensch muss Ausgleich schaffen und ist als Spielkamerad gefordert.
Geschieht das Jagen nach dem Schwanz aber beim erwachsenen Hund auffallend oft und dauerhaft, so kann es ein Zeichen dafür sein, dass es massiv an Anregungen fehlt. Die Monotonie führt dann schließlich dazu, dass der eigene Schwanz als letztes „bewegtes“ Spielzeug herhalten muss. Nicht zu verwechseln mit der Jagd nach dem Schwanz ist das Knabbern und Beißen der Analregion. Hier kann eine juckende oder gar schmerzende Verstopfung oder Schwellung der Analdrüsen die Ursache sein.
Noch schlimmer ist es, wenn der unausgelebte Tatendrang sich in Selbstverletzungen ausdrückt. Ähnlich wie Menschen mit schweren psychischen Problemen können auch Hunde mit starken Neurosen sich ernsthafte Wunden, bis hin zur Selbstverstümmelung zufügen. Solche Fälle werden vor allem bei Tieren beobachtet, die über längere Zeit in monotoner Umgebung allein gelassen worden sind.
Wer also seinem Hund etwas Gutes tun möchte, sorgt für Abwechslung. Wenn man ihn frühzeitig daran gewöhnt, dass es mehrere Personen gibt, mit denen er spielen, Gassi gehen und ganz verschiedene Dinge erleben kann, so profitiert er davon. Ebenso freuen sich viele Hunde darüber, wenn sie hin und wieder mit einer vertrauten Hundegruppe für einige Stunden unterwegs sein können. An vielen Orten bieten Hundebetreuer diesen Service bereits regelmäßig an.